Fritz Winter. documenta-Künstler der ersten Stunde

Die Ausstellung zeigt Winters künstlerischen Weg und seine vielfältigen Verbindungen mit der documenta-Stadt Kassel anhand von rund 90 Kunstwerken aus Malerei, Grafik und Bildwirkerei.

Fritz Winter, der große Abstrakte, kommt nach Kassel

Auf der ersten documenta-Ausstellung 1955 hatte Fritz Winter einen fulminanten Auftritt. Mit seinem sechs Meter breiten Gemälde „Komposition vor Blau und Gelb“ wurde der ehemalige Bauhausschüler als einer der wichtigsten Vertreter der abstrakten Malerei inszeniert.

kultur & co: Fritz Winter: documenta-Künstler der ersten Stunde

Vom 20. Oktober 2023 bis 28. Januar 2024

Der 1905 geborene und 1976 verstorbene Künstler hatte das Werk gemeinsam mit dem documenta-Gründer Arnold Bode als zentrale Rauminstallation für den Malereisaal im Museum Fridericianum vorgesehen. Dort hing es gegenüber „Picassos Mädchen vor einem Spiegel“. So wurde, zehn Jahre nach Kriegsende, der Anschluss der westdeutschen Malerei an die internationale Kunstentwicklung geltend gemacht. Heute gilt dieses erste situativ für eine documenta konzipierte Kunstwerk als Ikone. Hessen Kassel Heritage konnte das Werk erwerben, welches jetzt das Herzstück der Ausstellung in der Neuen Galerie bildet.


Gelber Klang; 1950

Vom Bauhaus zur documenta

Winters Lebensweg steht exemplarisch für die zweite Generation abstrakter Maler. Geboren in eine westfälische Bergarbeiterfamilie, machte er eine Ausbildung zum Grubenelektriker, bevor er 1927 ans Bauhaus in Dessau ging. Ab 1933 fand er in Deutschland keine Ausstellungsmöglichkeit mehr.

Nach dem Krieg gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe der Gegenstandslosen, später ZEN 49, die für eine künstlerische und moralische Erneuerung eintrat. So wurde er zur Mittlerfigur zwischen den Kunstschaffenden der Vor- und Zwischenkriegsmoderne wie seinen Lehrern Wassily Kandinsky oder Paul Klee und der jüngeren Generation informeller Malerinnen und Maler. Mit Fritz Winter gilt es, einen zentralen Protagonisten der frühen documenta-Geschichte wiederzuentdecken – und einen Maler, der die Sprache der gegenstandslosen Kunst in Deutschland seit den 1920er-Jahren maßgeblich erweitert hat.

Weite Horizontalen; 1964

Galionsfigur der deutschen Nachkriegskunst

Am 1. Mai 1955 trat Winter eine Professur an der fortschrittlichen Werkakademie in Kassel an, wo er bis 1970 lehrte. In den folgenden Jahren arbeitete er eng mit Bode zusammen und war zunehmend in die Entscheidungs- und Organisationsstrukturen der Großausstellung eingebunden.

Hessen Kassel Heritage rekonstruiert in der Neuen Galerie auf Initiative der Fritz-Winter-Stiftung und der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen die zentralen Beiträge des Künstlers zu den ersten drei documenta-Ausstellungen 1955, 1959 und 1964.